„Die letzte der menschlichen Freiheiten besteht in der Wahl der Einstellung zu den Dingen.“
Viktor Frankl
Inzwischen kann ich mich schon gar nicht mehr so richtig an die Anfänge erinnern. China. Dort ging es los. Das war für mich noch so weit entfernt, dass ich mir keine näheren Gedanken über die Krankheit, die nun den ganzen Globus in Atem hält, gemacht habe. Doch wir leben in einer globalisierten Welt und es war nur eine Frage der Zeit, bis eine Pandemie ausbrechen würde. Nun ist es also soweit. Covid-19 ist allgegenwärtig und dreht die ganze Welt auf den Kopf.
Das Gute daran: es handelt sich um ein grippeähnliches Virus, das viele von uns mit gut ausgestattetem Immunsystem und ohne Krankenhausaufenthalt bewältigen können. Die schlechte Nachricht: dennoch infizieren sich in kurzer Zeit so viele Menschen damit, von denen einige auf intensive medizinische Versorgung angewiesen sind, dass unser Gesundheitssystem überlastet ist. Wäre es nicht die Realität, würde die ganze Situation bestes Futter für einen spannenden Hollywoodstreifen bieten. Doch es ist real.
Seit gestern hat die Bundesregierung ein Kontaktverbot verhängt. Menschenansammlungen mit mehr als zwei Personen sind verboten und immer mehr Geschäfte haben geschlossen. Auf den Straßen herrscht gähnende Leere und auch hinter verschlossenen Türen sind Parties untersagt. Man will so eine weitere Ausbreitung des Virus verlangsamen. Was für all diejenigen, die bereits ihren Job verloren haben oder ins Homeoffice geschickt wurden noch bleibt, ist der tägliche Gang mit dem Hund, die Fahrt zum Supermarkt, der unumgängliche Arzttermin und die unausweichliche Konfrontation mit dem Selbst und mit Dingen, die viele Menschen für gewöhnlich zu vermeiden suchen: Alleinsein, Stille, Langeweile.
Unsere Verantwortung
Ich habe die Ansicht, dass jede Situation, jedes Ereignis, jeder Umstand immer auch Raum für die Möglichkeit bietet, einen Nutzen aus eben diesem zu ziehen. Damit soll nicht gesagt sein, dass die Corona-Krise schöngeredet werden kann oder soll. Die Dramatik und der Schmerz der vielen Menschen müssen anerkannt werden und natürlich dürfen und sollen wir, die gesund sind, Mitgefühl haben.
Aber gleichzeitig liegt es auch in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, in dieser Zeit nicht den Kopf zu verlieren; den aktuell omnipräsenten Weltschmerz nicht zu seinem eigenen zu machen. Denn wenn wir, denen es gut geht und die die Kraft haben, in unserem derzeit so labilen System für etwas Stabilität zu sorgen indem wir für unsere Nachbarn da sind, indem wir für sie einkaufen oder ihren Hund ausführen, oder indem wir via Telefon oder Videochat die starke Schulter für diejenigen sind, denen es in dieser Zeit schlecht geht – wenn wir in dieser Zeit den Kopf verlieren, schaden wir damit nicht nur uns selbst, sondern der Gesamtsituation.
Alleinsein, Stille, Langeweile. Wir haben verlernt, mit diesen Umständen umzugehen. Werden sich viele Alleinstehende zunächst in ihre Bildschirme flüchten, soziale Medien nach unterhaltenden Neuigkeiten durchsuchen, zahlreiche Serien auf Netflix und dergleichen konsumieren und zwischendurch immer wieder Ausschau nach Neuigkeiten zur Thema Corona-Krise halten, ist es nur eine Frage der Zeit bis es dort nichts mehr zu holen gibt und sich Unzufriedenheit breit macht. In diesen Zeiten sind wir früher oder später gezwungen, uns auf das Hier und Jetzt zu besinnen. Dann ist es eine Frage der Einstellung, wie wir damit umgehen.
„Wenn wir eine Situation nicht ändern können, müssen wir uns selbst ändern.“
Viktor Frankl
Unsere Macht der Entscheidung
Hier haben wir zwei Möglichkeiten, für oder gegen die wir uns entscheiden können:
A) Wir bemitleiden uns selbst und verfluchen die derzeitige Situation. Wir richten unseren Fokus auf all das, was wir jetzt nicht haben und machen können und begeben uns in eine Spirale, die uns immer weiter in die Unzufriedenheit treibt.
Oder B) Wir akzeptieren die Situation, so wie sie sie ist und erkennen an, dass wir sie aktuell nicht ändern können. Stattdessen fragen wir uns, wie wir die Situation für uns nutzen können. Plötzlich haben wir etwas, wovon wir sonst oft behaupten, es wäre nicht genug davon da: Zeit. Vielleicht schaffen wir es jetzt endlich mal wieder, das seit Jahren in der Ecke stehende, verstaubte Instrument spielen zu üben. Oder die Nähmaschine anzuwerfen und kreativ zu werden. Vielleicht ist es aber auch das Buch, das schon seit Monaten im Regal darauf wartet, von uns gelesen zu werden. Oder wir nehmen uns nun endlich die Zeit, den guten Freund/die gute Freundin, die weit weg wohnt, anzurufen.
Sicherlich ist die Motivation nicht immer da, doch wir haben die Entscheidungsmacht darüber, ob wir uns trotzdem zu Dingen wie diesen überwinden, um uns anschließend besser zu fühlen, der ob wir uns in die Opferrolle begeben.
Keine Macht dem Virus
Auch wir als Gastronomen hätten Grund genug, nun den Kopf in den Sand zu stecken. Wir waren froh, den Winter finanziell halbwegs gemeistert zu haben und freuten uns, jetzt im Frühling mit dem Geldverdienen zu beginnen. Wir freuten uns darauf, dieses Jahr keine großen Investitionen in das Restaurant tätigen zu müssen und uns selbst vielleicht auch mal etwas gönnen zu können. Doch dann kam Corona und unser Plan wurde zerschlagen und mit ihm die Freuden über jene Aussichten. Natürlich haben wir in dieser schwierigen Zeit finanzielle Nöte und haben keine Gewissheit, ob wir die Krise wirtschaftlich überstehen werden. Natürlich sind wir zwischendurch auch mal wütend und frustriert. Auch wir ärgern uns über die Politik, die Rettungsschirme verspricht und über die Banken, die sich mit der Auszahlung von Krediten zurückhalten.
Doch wir werden einem lächerlichen Virus nicht die Macht über unser Wohlbefinden und unser Leben geben. Während wir uns so gut es geht vor einer Infektion schützen, machen wir weiter. Nicht nur, dass wir unser Restaurant kurzerhand in einen Lieferservice umgewandelt haben, eigene regionale Convenience-Produkte hergestellt und dafür einen Online-Shop gebaut haben – wir sind auch täglich auf der Suche nach weiteren Ideen, wie wir am besten in dieser Zeit agieren können. Wir freuen uns über die kleinen täglichen Erfolge und befassen uns möglichst wenig mit der Zukunftsfrage, da diese aktuell sowieso niemand beantworten kann. Wir sind dankbar für all die Gäste und Fans, die uns nun unterstützen und Mut zusprechen und sind gerührt von der Hilfsbereitschaft vieler, die sich in diesen Zeiten zeigt.
Würden wir unseren Fokus ausschließlich auf unsere finanzielle Lage richten, wäre unsere Stimmung sicher eine andere. Doch Geld kommt und geht. Und am Ende kommt es darauf an, dass wir in diesen Zeiten und darüber hinaus füreinander da sind, gesund bleiben und den Blick für die Schönheit des Lebens nicht verlieren.
VIktor Frankl war österreichischer Neurologe und Psychiater, der unter anderem für sein Buch „Trotzdem Ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager“ bekannt ist. Dort schildert er seine Erlebnisse in verschiedenen Konzentrationslagern während des zweiten Weltkrieges. Seine lebensbejahende Art und Selbstreflexion gaben ihm die Möglichkeit, auch in den dunkelsten Zeiten einen Sinn im Leben zu erkennen.
Liebe Johanna!
Einfach toll formuliert und auf den Punkt gebracht!!!
Die Zitate von V. Franklin : spitze!!!!
Ich wünsch euch alles Glück der Welt!!!!!
Vielen herzlichen Dank für die lobenden Worte, Sabine! 🙂
Fühl dich gedrückt!
Mutmacher sind in dieser Zeit wichtig, sie geben uns Hoffnung auf bessere Zeiten
Euch alles Gute, bleibt gesund, das wünscht Gisela Schäfer aus Dud
Vielen herzlichen Dank, liebe Gisela!
Dir auch alles Gute und bleib ebenfalls gesund!
Sehr gut geschrieben und auf den Punkt gebracht.
Soziales Engagement ist mehr denn je wichtig.
Familie Manthey wünscht euch alles gute, Gesundheit und viele Kunden.
Vielen herzlichen Dank! 🙂
Wir wünschen euch auch alles Gute & bleibt gesund!
Wir hoffen, die Pizza gestern hat geschmeckt 😉
Hallo Ihrs!
Ich finde Deinen Text sehr gut geschrieben.
Tut mir / uns alles einen Gefallen, bleibt uns alle noch lange erhalten.
Ich wünsche Euch das aller Beste und alles Liebe und Gute.
Bleibt Gesund und Munter, verliert nicht den Humor.
Bis zum Nächsten mal.
Vielen herzlichen Dank, Klaus! Das gleiche wünschen wir euch auch!
Bis bald ?